Gesprächsrunde mit Landtagsabgeordneter Kathi Petersen über Sterbebegleitung

Gesprächsrunde mit SPD-Landtagsabgeordneter Kathi Petersen (stehend) und (von links) Monika Spath vom Malteser-Hospizdienst, Dr. Susanne Röder, Chefärztin der Palliativstation des Schweinfurter Josefs-Krankenhauses, und Notfallseelsorger Anton Blum

Einfache Antworten auf die Frage, wann ein Leben lebenswert ist, gibt es nicht. Aber der Gesprächsabend der SPD-Landtagsabgeordneten Kathi Petersen in Euerbach zum Thema Sterbehilfe und Sterbebegleitung zeigte, dass Zeit eine wesentliche Rolle bei der Bewältigung der Frage spielt. Dann, wenn statt Hilfe zum Sterben die Hilfe im Sterben gewährleistet wird.

Die Frage nach dem Wert des Lebens in der heutigen Gesellschaft betrifft jeden einzelnen existenziell, führte Euerbachs SPD-Ortsvorsitzender Jochen Kraft in den Gesprächsabend im evangelischen Gemeindesaal ein. Daher bedürfe das Thema immer wieder der Öffentlichkeit.
Um die aktuelle Situation zu beleuchten, ging SPD-MdL Kathi Petersen vor den 40 Besuchern auf das im Dezember 2015 verabschiedete „Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ ein. Demnach ist in Deutschland im Gegensatz zu Ländern wie Luxemburg, Belgien oder die Niederlande eine gewerbsmäßige Suizidassistenz verboten. Nicht das immer wieder angeführte individuelle Selbstbestimmungsrecht überwiege, erläuterte Petersen. Vielmehr sei es eine Kapitulationserklärung, wenn eine Gesellschaft nicht in der Lage sei, alles für einen Menschen am Ende seines Lebens zu tun.
Deshalb wurde parallel zu diesem Gesetz ein Hospiz- und Palliativgesetz beschlossen, das die Verbesserung der Sterbebegleitung beinhaltet. Beispielsweise werden Hospizvereine demnach unterstützt, mehr Sachkosten werden übernommen, Einrichtungen besser vernetzt und vor allem der Faktor Zeit in der Betreuung stärker berücksichtigt und finanziert.
Was die Palliativmedizin leistet, erklärte als Expertin Dr. Susanne Röder, Chefärztin der Palliativstation des St. Josef-Krankenhauses Schweinfurt. Schwerkranken Menschen wird medizinisch und psychisch geholfen. Schmerztherapie, Symptomlinderung der Atemnot gehören dazu, aber auch hinter die Ängste der Betroffenen zu sehen. Das erfordere vor allem Zeit von Ärzten und Pflegern, das brauche Unterstützung durch Musik- oder Kunsttherapeuten, Krankengymnasten, Seelsorger und ehrenamtliche Hospizhelfer. Die verbleibende Zeit werde als kostbar und wertvoll empfunden, zitierte Röder aus einem Erinnerungsbuch von Angehörigen. Grundsätzlich ist ein Arzt, in der Regel der Hausarzt oder das Krankenhaus, für die Einweisung auf die Palliativstation zuständig. Die zehn Betten dort entsprechen dem vorgeschriebenen Bedarf einer 300.000-Einwohner-Stadt, sagte Röder auf Nachfrage. Insofern stehe Schweinfurt als kleinere Stadt zwar gut da, die Realität sei allerdings eine andere. Die Betten seien immer voll, Wartelisten üblich. Als zusätzliches Angebot wird derzeit für Stadt und Landkreis Schweinfurt eine Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) mit Ärzten und Pflegern aufgebaut, weil viele Patienten zu Hause bleiben wollten, erklärte Röder. Das über einen Förderverein finanzierte „Brückenteam“ der Palliativstation stehe bei Begleitung in und aus dem Krankenhaus zur Seite. Zudem leisten Hospizhelfer wertvolle Dienste.
Einblick in die Arbeit der 60 ehrenamtlichen Hospizhelfer gab Monika Spath, Leiterin des ambulanten Hospizdienstes der Malteser. Unheilbar kranke und hochbetagte Menschen werden durch geschulte Freiwillige – 90 Prozent davon Frauen – individuell begleitet und beraten, die Bedürfnisse des Sterbenden und der Familie wahrgenommen. Angefragt würde der für den Betroffenen kostenfreie Dienst auch von Pflegeheimen.
Die Position der katholischen und evangelischen Kirche zum Thema Sterbehilfe und Sterbebegleitung erläuterte Diakon Anton Blum, der sich als Notfallseelsorger um Sterbende kümmert. Nach dem christlichen Glauben ist die Zuwendung eines Menschen an einen anderen, die Nächstenliebe, so wie die Gottesliebe. Es gebe kein vergebliches Leben, jedes Leben, in welcher Form auch immer, sei von Gott gewollt. Darüber hinaus glauben Christen, dass der Tod nicht das Ende sei. Die Arbeit in der Palliativstation und im Hospizdienst bezeichnete Blum als „eine segensreiche Arbeit“.
Das unterstrich aus dem Publikum auch eine Pflegekraft in einem Altenheim. Allerdings, so ihr Einwand, zweifle sie an manchen Hausärzten. Dargestellt wurde auch, dass immer mehr Krankenhäuser die Pflegeheime zur „Finalpflege“ anfordern, was für die Beschäftigten dort eine hohe psychische Belastung sei. Es sei wichtig, dass jeder von der Hilfe von Palliativstation und Hospizdienst wisse, unterstrich Kathi Petersen. Es gehe nicht nur darum, Hilfe zu geben, sondern auch annehmen zu können. Damit werde vielleicht das viel zitierte Selbstbestimmungsrecht auf Suizid und Suizidassistenz gar nicht mehr so nötig und erstrebenswert. Leben und Sterben sei stark auf Begleitung ausgerichtet, dazu sei Solidarität wichtig. Das sei zwar mühsamer, aber lohnender.